Portrait Maria A. Niederberger August 2007

BIBLIOGRAFIE

Artikel über meine Arbeiten, Artikel oder Bücher von mir selber, Widmungen und Programm–Notizen



Texte über Arbeiten von Maria A. Niederberger

Susan Erickson:
Maria A. Niederberger "Säntis Thoughts"
René Kubelik, violin; Patrizio Mazzola, piano.
World Premiere Recording by Magnonrec, Switzerland (2010)
IAWM Journal Volume 17, No. 2 2011, p. 36. (PDF hier)

Isolde Weiermüller-Backes und Barbara Heller, Hrsg.:
Klaviermusik von Komponistinnen vom 17. bis 21. Jahrhundert
Staccato Verlag 2003: 289

Christine Ammer:
«Unsung: A History of Women in American Music»
Amadeus Press, Portland, Oregon, USA, 2001: 301

«contemporary swiss composers: Maria A. Niederberger»
Pro Helvetia Informationsblatt 2000

Ott, Patrizia:
«Maria A. Niederberger, ein Portrait»
Akademie Für Schul-Kirchenmusik, Luzern, 25 Seiten (Diplomarbeit; Dozent: Hans Niklas Kuhn), 1999

«Werdegang einer Komponistin»
Nidwaldner Kalender 1999, 140. Jahrgang
Verlag Bücher von Matt, Stans, 67-77

«Schweizer Komponisten unserer Zeit»
Winterthur: Amadeus Verlag, 1993: 295-296

«Schweizer Komponistinnen unserer Zeit»
Zürich: Musikverlag Hug & Co, 1985: 86-87

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Texte und Reden von Maria A. Niederberger

Alle Texte von Dr. Maria A. Niederberger

Demnächst erscheint der Vortrag vom 30. Oktober 2004 im Druck:
Frank Martin’s Oratorio: «In Terra Pax»: Some Musical Characteristics
(auf Englisch)
SCI (Society of Composers, Inc.) National Conference: The University of North Carolina Greensboro, School of Music (vgl. übernächsten Eintrag)


Counterpoint Never Dies: Linear Expression in Works of the 20th Century (auf Englisch)
Anlässlich der Jahreskonferenz der TMTA (Tennessee Music Teacher’s Association) vom 7. Juni 2005 zum Thema «The Universe of Sound» (Das Universum des Klangs) an der East Tennessee State University in Johnson City, TN, USA


Frank Martin’s Oratorio “In Terra Pax ”: Some Musical Characteristics (auf Englisch)
Tischrede 22. Mai und 30. Oktober 2004, Washington, D.C., Smithsonian und East TN State University, Department of Music


Ansichten über die Vielfalt der musikalischen Richtungen unserer Zeit
Schweizer Komponistinnen der Gegenwart, Zürich, Musikverlag Hug & Co., 1985: 86-87


Two by Three: Music by Women (CD-Kritik, englisch)
IAWM Journal Vol.4, No. 3, Fall 1998: 34

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Widmungen und Programm-Notizen

Säntis Thoughts (Säntisgedanken)
Thoughts 2001
Concerto For Oboe and Instrumental Ensemble
Petite Suite
Piano Quintet
Vernissage
Images
On Winter’s Margin
Warte auf mich
Album Pages
Inferences
Sounds of Space-Time
Daedaleum
Tandem Points
Lieder für hohe Stimmen

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Säntis Thoughts (Säntisgedanken)

«Säntis Thoughts» ist ein Auftragswerk für René Kubelík und Patrizio Mazzola, geschrieben im Frühjahr 2008.

Mit Patrizio Mazzola hatte ich bereits früher zusammen gearbeitet und auf seinen Vorschlag das Klavierstück «Vernissage» geschrieben. Meines Erachtens ist Mazzola ein grosser Könner und ein hervorragender musikalischer Gestalter. Mit seinen bezaubernden, vielseitigen und kreativen Vorträgen und Einspielungen inspiriert er mich immer wieder.

Mit René Kubelík bin ich erst kürzlich bekannt geworden. Aber ich kann mich an seinen Grossonkel erinnern, den berühmten schweizerisch-böhmischen Dirigenten Raphael Kubelík, der während Jahren in Kastanienbaum bei Luzern gewohnt und auch oft in Luzern dirigiert hatte.

Seit über dreissig Jahren lebe und arbeite ich in den USA. Während des Frühjahrs 2008 befreite mich die East Tennessee State University von meinen Vorlesungspflichten, um mir Zeit für die Kompositionsarbeit einzuräumen. Somit hatte ich Gelegenheit, wieder ein paar Wochen in meiner ursprünglichen Heimat, der Schweiz, zu wohnen und auch Kontakte mit den beiden Musikern und mit meiner Familie zu pflegen.

Den Titel des Werkes habe ich nach einem Ausflug im Februar 2008 auf den Säntis gewählt. Dieser Berg ist mit 2502 Metern der höchste Gipfel in der Nordostschweiz. Mit meiner Musik strebe ich immer nach einem logischen Fluss und auch einem persönlichen Ausdruck. Zwar sind meine Kompositionen im konkreten Sinne nicht von äussern Geschehnissen geprägt, aber die Vielfalt der Natur und die Kreativität von Mitmenschen bringen mir immer wieder neue Ideen.

Auf ihrer US Konzertreise haben Kubelík und Mazzola das Werk am 30. März 2009 in der Swiss Embassy in Washington, D.C. uraufgeführt.

Das Stück gliedert sich in drei Sätze:
1.Gestalten
Der erste Satz ist von starken musikalischen Gegensätzen geprägt.
Inspiration: Auf dem Säntis spielen Licht und Schatten in den zackigen Steinmassen und an glatten Felswänden und sorgen für immer wechselnde und bewegte Gestalten. Die geologischen Faltungen, die bald ausgewogen sind, bald wild ausgreifen, zeugen von unheimlichen Naturkräften. Die Aussicht verleiht eine ungewöhnliche Perspektive über weite Landschaften. Trotz Kälte und hartem Gestein gibt dieser Berg Anlass für Spiel– und Lebensfreude: An der Südflanke entdecke ich Skifahrer, die in scheinbar müheloser Bewegung in die Tiefe sausen.
2.Tiefe Ahnung
Dieser Satz wurde von einem Gedicht von Annette von Droste–Hülshoff inspiriert. «Im Grase» stammt aus ihrer Sammlung Letzte Gaben. Der Anfang lautet:
Süße Ruh', süßer Taumel im Gras,
Von des Krautes Arom’ umhaucht,
Tiefe Flut, tief, tief trunkne Flut, …

Das lebensbejahende und der Realität verbundene Gedicht spielt auch auf den unvermeidlichen Tod an. Es bringt mich mit eigenen tiefen Ahnungen in Berührung.
Schon der Anfang der ersten Strophe fällt durch seinen ausdrucksvollen, sich steigernden Rhythmus auf. In meinem Satz übernimmt ihn die Violine zum Beginn, als ob sie ein Lied mit diesen Zeilen singen wollte. Aber dann trennt sich die Musik vom Text, verarbeitet den Rhythmus und nimmt seinen eigenen Verlauf.
3. Flug der Bergvögel
Literarische Darstellungen weisen dem Vogel oft spirituale Rollen zu. Diese kleine Kreatur hat Kunst und Musik durch Jahrhunderte immer wieder inspiriert.
Auf dem Säntis werde ich plötzlich von einem hellen Sirren überrascht, das von kreisenden Schatten begleitet ist. Es sind Alpendohlen, die spielerisch im Wind segeln und sich treiben und tragen lassen. Welch eleganter, von stetiger Variation belebter Vogeltanz!

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Thoughts 2001

In Jonesborough wird jährlich ein Storytelling-Wettbewerb durchgeführt.
Eine Geschichte gewinnt im lebendig–mündlichen Vortrag eine Dimension, die dem geschriebenen Wort versagt bleibt. Dasselbe trifft in der Musik zu: Die «Geschichte» der Komponistin lebt durch den Interpreten. An dieser Stelle danke ich Juhani Palola, der meine Werke aufführt. Er inspiriert mich mit seiner musikalischen Hingabe, Offenheit und seinem grossen Talent.

«Thoughts 2001» ist eine «Geschichte», die im musikalisch–idiomatischen Bereich der Violine lebt.

Teil 1, Story Telling, beginnt mit grossen, dramatischen Gesten, die den Tonraum durchqueren und vielfältige Tonfarben vorstellen. (Jede der vier Saiten bringt eine Palette charakteristischer Tonfarben ins Spiel. Sie fangen mit den dunklen, etwas nasalen Tönen der G–Saite an und erstrecken sich zu den hellen, metallischen Tönen der E–Saite.) Gleichzeitig rücken motivische Gedanken in den Vordergrund, welche Ton– und Zeitraum abgrenzen. Dem Hörer wird bewusst, dass Passagen bestimmten Zielpunkten zu schreiten. Im zweiten Abschnitt wachsen Klang– und Farbraum in den Bereich der höchsten Violintöne, der Flageoletts.
Diese flötenartigen Töne, die durch leichtes Berühren der Saiten entstehen, klingen fast überirdisch. Mit dem Gleiten durch diesen Raum wird motivisch eine neue, vorher zwar immer gegenwärtige, aber kaum offenbare Dimension erschlossen. Schliesslich bringt uns eine humorvolle Passage mit Doppelgriffen und schnellen Bogenbewegungen zurück in die erste Dimension.

Teil 2, Schattenlinien und plötzliche Ahnungen, hat durch die Ereignisse des 11. Septembers 2001 in New York mehr Bedeutung angenommen, als ich geahnt hätte. Als Kontrast zum ersten Satz wollte ich Gedanken dunkler Ahnungen, Auflehnung, aber auch neuer Hoffnung Gestalt geben. Die seufzenden, bittenden und drohenden Ausdrücke des ersten Abschnitts zeugen von Ungewissheit und Ohnmacht. Schliesslich erklingen Wendungen, die sich zu hoffnungsvollen Gedanken durchringen. Der relativ kurze Schlussabschnitt ist von Ruhe und Klarheit geprägt.

Teil 3, Blue Ridges, ist eine Hommage an meine gegenwärtige Heimat in den Blue Ridge Bergen der Appalachen. An einem sonnigen Tag sieht man die vielschichtigen Umrisse dieser Bergzüge, die durch variierte Blautöne abgegrenzt sind. Der Horizont ergibt somit ein Bild, das mit unregelmässigen, farblich kontrastierenden Linien und Flächen beschichtet ist und an abstrakte Kunst erinnert. Die Violine «zeichnet» Linien, baut immer neue Schichtungen auf und belebt den Klangraum mit wechselnden Farben, Akzenten, Tiefen und Höhen.
Gleichzeitig verbinden Motive und musikalische Verläufe den letzten Satz mit den beiden früheren Sätzen.

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Konzert für Oboe und Instrumental–Ensemble (1999–2000)

I. Mirrors for Reflection (Spiegel für reflektierende Gedanken)
II. Il Gioiello
III. The Enchanted Piper (Der magische Pfeifer)

Das Konzert für Oboe und Instrumental–Ensemble war eine Auftragskomposition der Internationale Allianz für Frauen in der Musik (IAWM) für die Oboistin Patricia Morehead aus Chicago (USA) und die Dirigentin Monica Buckland–Hofstetter aus Basel (Schweiz). Das Werk ist diesen beiden Musikerinnen gewidmet. Im Juni 1999 brachten diese beiden Künstlerinnen und das Roosevelt Ensemble zwei Sätze davon im National Museum of Women in the Arts (Nationales Museum für Frauenkunst) in Washington, D.C., USA, zur Uraufführung. Kurz danach schrieb ich einen dritten Satz für die Aufführung in Chicago vom 25. Februar 2000, die von Philipp Morehead dirigiert wurde.

Die Komposition wurde durch die folgenden Organisationen finanziert: IAWM, das Margaret Fairbank Jory Copying Assistance Program of the American Music Center, und Pro Helvetia.

Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, ein unkonventionelles Konzert zu schreiben. Anstelle des traditionellen Wettstreits zwischen einem Ensemble und einem Soloinstrument gestaltete ich einen kongenialen Austausch zwischen der Solo–Oboe und verschiedenen Instrumenten des Ensembles. Im Satz «Mirrors for Reflexion» dachte ich über die Verbindung zwischen Sprache und dem psychologischen «Spiegeln» nach und versuchte, dieses Prinzip in die Gefilde der Komposition zu übertragen. «Gioiello» erhielt seinen Namen nach dem letzten Heim von Galileo Galilei in Arcreti, Italien. Hier genoss der Wissenschaftler grosses Glück und Triumph, aber er hatte sich auch mit intensiver Traurigkeit und Verzweiflung auseinanderzusetzen. Der Titel «The Enchanted Piper» entspringt dem Übernamen von Patricia Morehead.


Widmung:

Das Stück «Petite Suite» für Bratsche

ist meiner Schwester Margrit gewidmet, die am Konservatorium Luzern, Schweiz, Bratsche studiert hat. In meiner Komposition wollte ich sowohl die brillanten Möglichkeiten des Bratschespiels nützen als auch den eleganten Charakter dieses Instruments in den Vordergrund stellen. Aus diesem Grund sind die ersten beiden Sätze heiter schnell. Nur der letzte Satz, fragmentarisch betitelt nach dem Satz des mittelalterlichen Mönchs Notker Balbulus «Mitten in dem Leben sind wir vom Tod umgeben!» stellt ein nachdenkliches Thema vor, das die reife Seite des Intruments beleuchtet. Anders als Balbulus überlasse ich die Vollendung des Satzes dem Nachdenken der Zuhörenden.

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Programm–Notiz anlässlich der Uraufführung:

Piano Quintet (1990)

Die Gestaltung meines Piano Quintets unterstreicht moderne melodische Ausdrucksmöglichkeiten. Die harmonische Entfaltung trägt die Musik in sich verändernde Bereiche und wandelt sie von Abschnitt zu Abschnitt um.

Das Klavierquintett ist zwar eine traditionelle Gattung, doch bietet sie sich für neue, atypische Besetzungen und Spielweisen an. In meinem Klavierquintett webt das Klavier oft ein empfindsames Filigran von Linien ins zugrundeliegende polyphone Gewebe der Streicher hinein. Es dauert bis in den Mittelteil hinein, bis es seine Stimme als Solist entdeckt. Die singenden Streichinstrumente bieten sich vor allem für polyphones Gestalten und gelegentliche homophone Passagen an, aber mit erweiterten Techniken erschliessen sie sich Ausdrucksweisen jenseits der traditionellen Grenzen.

Der abschliessende Schlussteil des Werkes nimmt melodische Ideen wieder auf, die durch Variation verändert wurden. Eine Vertiefung der Klangfarbe und eine Verdichtung von Harmonie und Textur künden das herannahende Ende des Stückes an.

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Programm–Notiz anlässlich der Uraufführung am 26. April 1998 im Postalozzi–Saal, Stans, Schweiz

Vernissage (1998)

Als ich Ende November 1997 der Uraufführung meiner Komposition «Images» in Boswil beiwohnte, wurde ich von einem Anruf von Patrizio Mazzola aus Bern überrascht. Er sei im Begriff, sein Programm für die Stanser Musiktage 1998 zusammenzustellen und möchte gerne ein Klavierstück von mir aufführen.

Von seiner CD–Einspielung der Rachmaninov–Préludes war mir Mazzolas Virtuosität bereits bekannt. Deshalb schlug ich begeistert vor, ein neues Klavierstück für Patrizio zu schreiben. Zu Beginn des neuen Jahres war unser Plan konkret und mein Komponieren konnte beginnen. Wie verständigen sich aber eine Komponistin, die in Kalifornien unterrichtet, und ein Pianist, der in der Schweiz lehrt? Technologie ist heute die Brücke, die grosse Distanzen verschwinden lässt. Unsere Korrespondenz erfolgte meistens per Fax. Auch war ich imstande, das Programm der Stanser Musiktage in Kalifornien am Internet abzurufen.

Meine Komposition «Vernissage» ist Patrizio Mazzola gewidmet und besteht aus sechs sehr kurzen, kontrastierenden Sätzen. Wie Bilder und Skizzen in einer Galerie, so rückt jeder Satz eine neue Idee in den Vordergrund. Das Finale wurde am 2. April fertig und soll das Stück mit seinen schnellen, heiteren Passagen energievoll abschliessen.

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Images (1997)

Meine Komposition «Images» (Bilder) weist mit ihren drei Sätzen zwar auf eine visuelle Ideenwelt hin, ist aber keineswegs programmatisch konzipiert. Da sich musikalische Ideen kaum in wenigen Worten ausdrücken lassen, habe ich bildliche Gleichnisse als Titel gewählt, um sie verständlich vermitteln zu können.

Im ersten Satz «Fliessende Formen» finden sich musikalische Fragmente zu immer neuen Varianten einer grösseren Idee zusammen. Zuerst stellen einzelne Instrumente, bald aber ganze Instrumentalgruppen kurze Klangideen vor. Schon vereinigen sich die Stimmen zu gespannten, sich steigernden und dann rasch wieder auflösenden Klanggebilden. Damit wechseln auch die Affekte, die diese Musik spielerisch vorantreiben.

In zweiten langsamen Satz «Licht und Schatten» spielen die hellen und dunkeln Register einzelner Instrumente eine bedeutende Rolle. Die Ausdrucksmöglichkeiten spezifischer Klangfarben und deren musikalische Auswertung rücken somit in den Vordergrund.

Im dritten Satz «Symmetrien-aufgelöste Symmetrien» habe ich versucht, eine lockere Beziehung zu vergangenen Musikpraktiken herzustellen. Die fast stetigen Sechzehntelnoten erzeugen den Eindruck eines Perpetuum mobile, wie es vielleicht von alter Musik bekannt ist. Aber die Anknüpfung an Vergangenes soll nicht einem nostalgischen Zweck dienen, sondern den thematischen Inhalt neu beleuchten und mit Kraft beleben.


On Winter's Margin (1997)

Meine Komposition «On Winter’s Margin» (Am Rande des Winters) entstand auf Anregung von Daniel Kennedy von der CSUS (California State University Sacramento). Das Stück wurde anlässlich des Festival of New American Music in Sacramento, California, am 13. November 1997 uraufgeführt. Der Violinist Juhani Palola, der aus der Schweiz angereist war, spielte zusammen mit Daniel Kennedy, der die Marimba spielte. Die Komposition ist nach einem Gedicht von Mary Oliver benannt, in dem sie über eine Herbstszene nachdenkt. Obwohl die Musik nicht programmatisch ist, soll sie im Zuhörer eine nachdenkliche Grundstimmung bewirken.
Formell besteht das Stück aus vier kurzen, zueinander in Kontrast stehenden Sätzen und zwei meditativen Zwischenspielen. «First Reflection» (Erste Spiegelung) hat einen etwas klagenden, beunruhigenden Charakter, der in Gegensatz steht zur fröhlichen «Second Reflection» (Zweite Spiegelung). Im langsamen Satz «Princess of Crumbs» (Krumenprinzessin) ist die Musik zu Kern–«Gesten» reduziert. Das schmucke, fein gestaltete «Ice Flowers» (Eisblumen) schliesst das Werk ab.

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Programm–Notiz

Warte auf mich (Wait For Me) (1995)

Ich schrieb meinen Liederzyklus «Warte auf mich» 1995 für die Sopranistin und Operndiva Susan Narucki. Sie brachte zwei der Lieder mit Betty Woo am Klavier anlässlich des Festival of New American Music an der California State University Sacramento 1997 zur Uraufführung. Die vier Gedichte, zwei in Deutsch, eines in Englisch und eines in einer englischen Übersetzung aus dem Spanischen, konzentrieren sich alle auf die Natur und ihre Wirkung auf die menschliche Psyche.

Silja Walter, eine Schweizer Nonne, beschreibt einen Nachmittag an einem glitzernden See, der die Dichterin inspiriert. Pablo Neruda, chilenischer Dichter, schlägt einen etwas dunkleren Ton an und beschreibt die Natur in den satten Farben alter Wälder. Der Natur sicheres Ende, der Tod, scheint zwischen den Zeilen auf. Langston Hughes, ein schwarzer amerikanischer Dichter, spricht vergleichend über die Weisse des Tages und die Schwärze der Nacht einerseits und der Hautfarbe seiner Mitmenschen andererseits. Ingeborg Bachmann, die deutsche Dichterin, die in Italien lebte, zeichnet die Perspektive von Zeit und Natur sowie die Verflechtungen von Leben und Tod.


Programm–Notiz

Album Pages (1987–88)

1989–88 komponierte ich «Album Pages» für die Feier des sechzigsten Geburtstages von Professor Richard Swift. Professor Robert Bloch vollzog die Uraufführung des Werks an der University of California Davis, einen Tag nach dessen Vollendung. Im folgenden Jahr schrieb ich ein neues Finale. «Album Pages», eine anspruchsvolle Erweiterung der Sololiteratur für Violine, wurde in den USA und in Europa etliche Male aufgeführt.

Die Komposition als Ganzes ist ausgewogen. Die einzelnen Sätze allerdings sind gezielt asymmetrisch. Der erste und der letzte Satz dienen als Hauptstützen der Komposition. Der zweite Satz ist länger und enthält nicht nur mehrere Tempi, sondern auch Wechsel in der Ausdrucksweise der Musik. Eine schnelle Passage mit weiten Sprüngen wird von einem idiomatischen Arpeggio abgelöst. Nach einem Triller in der tiefen Lage, der die kinetische Energie auffängt, folgt eine kurze rezitativische Stelle. Musik, die dem Anfang des Satzes ähnlich ist, taucht wieder auf und zerrinnt nach einer kurzen Weile. Ein ausdrucksvolles Adagio schliesst den zweiten Satz.

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Programm–Notiz

Inferences (Rückschlüsse) (1985)

«Inferences» für Kammerensemble und Klavier war ein Auftrag im Rahmen des Europäischen Jahres der Musik 1985. Die Erstaufführung fand am 20. September 1985 im Studio Zürich des Radios der Deutschen und Rätoromanischen Schweiz (DRS) statt. Das Werk entstand dank der Initiative der Pianistin Emmy Henz-Diémand, die mit der finanziellen Unterstützung von Pro Helvetia ein Frauenmusik Festival organisierte. Mit dem neu formierten Ensemble des FMF (Frauen Musik Forum) als Partner spielte Henz-Diémand «Inference» in mehreren Schweizer Städten. Seit dieser Tour wurde das Werk auch in Heidelberg, Deutschland, und in Davis, Kalifornien, aufgeführt.
(...)
Die Instrumentation von «Inferences» besteht aus je drei Holzblas– und Streichinstrumenten und verschiedenen Schlagzeugen. Es lassen sich drei Hauptteile unterscheiden:

Der erste stellt zwei gegensätzliche harmonische Felder vor, die mit einer Brücke verbunden sind. Die Ensembleinstrumente, gefolgt vom Soloklavier, stellen die erste harmonische Region vor. Nach der Brücke signalisiert ein Arpeggio im Vibraphon ein neues Spielfeld. Nun folgt eine Passage, wo Klarinette, Flöte und Klavier thematische Fragmente austauschen, bis sich das Klavier wieder als Soloinstrument behauptet.

Im zweiten Teil nimmt das Schlagzeug grössere Bedeutung an. Flöte und Klarinette verändern Klangfarbe und Umfang im Wechsel mit Altflöte und Bassklarinette. Die Harmonie ist unbeständig, da sich Klangassoziationen stetig verschieben. Eine kurze Kadenz im Klavier schliesst diesen Abschnitt.

Im dritten Teil nimmt das Gesamtensemble an einem neuen harmonischen Ereignis teil. Die polarisierten Felder des ersten Teils verschmelzen zu einer Einheit. Dieser Vorgang bezieht sich auf die horizontalen wie auf die vertikalen Komponenten.

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Programm–Notiz

Sounds of Space–Time (Klänge von Raum–Zeit) (1993)

«Sounds of Space–Time» für Klarinette, Marimba und Klavier wurde von der Klarinettistin Deborah Pittman in Auftrag gegeben, der die Komposition auch gewidmet ist. Pittman brachte das Werk am 21. Mai 1993 an der UC Davis, Kalifornien, im Rahmen eines Konzertes des Empyrean Ensemble zur Uraufführung.

In «Sounds of Space–Time» tritt die solistische Rolle der Klarinette vor allem in virtuosen Passagen und Kadenzen hervor. Das Wechselspiel zwischen B–Klarinette und Bass–Klarinette gibt diesem Instrument einen sehr weiten Tonumfang. Verschiedenste Klangfarben, von den leuchtenden der hohen B–Klarinette bis zu den dunklen, mysteriösen der Bassklarinette im tiefen Register werden ins Spiel gerufen.

Der ungewöhnliche Umfang dieser Soloinstrumente gab mir die Idee, den Klarinetten eine Kombination von Marimba und Klavier gegenüberzustellen, wobei die Marimba das Schwergewicht haben sollte. Die Marimba ist ein modernes, gestimmtes Schlagzeug, welches möglicherweise seinen Ursprung in Afrika hat. Seine Einführung in die Konzertsäle der westlichen Welt begann erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein geheimnisvoller Klang entspringt den Holzstäben dieses Idiophons.

Die Kombination von Marimba und Klavier ist aus mehreren Gründen wirkungsvoll. Die grundsätzlich perkussionistische Natur des Klaviers macht seinen Klang dem der Marimba ähnlich. Dazu kommt, dass das Klavier mit seinem um Oktaven grösseren Tonumfang die Marimba erfolgreich ergänzen kann. Auch kann es dank der Pedale seine Klänge aushalten, was auf der Marimba nur durch das Tremolieren möglich ist. Klavier und Marimba verschmelzen sehr schön. Die Klangfarben unterscheiden sich aber genügend, um ein beziehungsreiches Spiel zwischen den beiden Instrumenten möglich zu machen.

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Programm–Notiz

Daedaleum (1984)

Der Titel des Werkes, «Daedaleum» (nach Daedalus, dem legendären griechischen Künstler und Erfinder), stammt von einer Erfindung des neunzehnten Jahrhunderts, einer trommelförmigen Vorrichtung zur Erzeugung von bewegten Bildern mittels Rotation dieser Trommel.

«Daedaleum» entstand als Auftrag des Cellisten Hans Ulrich Stohler von Basel. Die Uraufführung des Werkes fand am 16. Februar 1984 an der Brandeis University in Massachusetts, USA, statt. Solistin war Rhonda Reider, die mich auch in spieltechnischer Hinsicht während des Komponierens beraten hatte. Das Werk wurde später in Kalifornien und in der Schweiz im Rahmen des Europäischen Jahres der Musik 1985 gespielt.

In der Komposition lösen sich Ton–Segmente allmählich von einem stabilen harmonischen «Feld» ab. Die resultierenden, frischen Ton–Assoziationen stabilisieren sich und bilden neue, verwandte harmonische Ebenen. Der Vorgang der Neu–Organisation und Synthese wiederholt sich «daedalisch», bis die originale Harmonie wieder hergestellt ist.

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Programm–Notiz

Tandem Points (Tandempunkte) (1993) für zehn Spieler

«Tandem Points» war eine Auftragskomposition für Pro Helvetia im Jahr 1993, die ich für das Empyrean Ensemble schrieb. Dieses spielte die Uraufführung am 15. Mai 1994 an der University of California Davis unter der Leitung von Professor Ross Bauer. Ein Teil dieser Komposition entstand während meines Aufenthaltes in einer Künstlersiedlung (Dorland Mountain Arts Colony) in einem Naturreservat in Südkalifornien.

Die Anspielung des Titels auf die traditionelle Kunst des Kontrapunktes ist beabsichtigt («Punkt» bedeutet ja auch «Notenkopf»). «Tandem Points» vereinigt horizontale melodische Elemente mit einer vertikal koordinierten Gesamtstruktur. Die Form der Komposition entsteht durch die Wechselwirkung der Motive in den verschiedenen Stimmen, die sich «im Tandem» bewegen.

Das Stück ist für vier Holzbläser, vier Streicher und zwei Schlagzeuger geschrieben. Die Besetzung kann vielleicht als modernes Miniaturorchester betrachtet werden. Wie es in der Kammermusik üblich ist, ist aber auch hier jedes Instrument einzigartig und erfüllt verschiedene Rollen im Zusammenspiel. Während es in der einen Passage ein prominentes Solo vorträgt, spielt es in einer anderen nur eine unscheinbare Begleitung.

Die Komposition beginnt mit einem Hornsolo mit leiser Beckenbegleitung. Flöte und Oboe spinnen die Anfangsmelodie weiter und treten zusammen mit dem Metall des Schlagzeuges auf. Der Streichereinsatz folgt später auf Aufforderung der Bassklarinette. Dazu gesellen sich auch die vier Tomtoms. Endlich vereinigen sich die Bläser mit den Streichern, und das Xylophon bringt den Klang des Holzes ins Schlagzeug. Nun ist ein reges Gespräch zwischen den Instrumentalgruppen im Gang.

Das Doppelsolo von Flöte und Oboe ist ein Wendepunkt in der Entwicklung der Komposition. Das Schlagzeug wird zwar mit dem Zusatz von «Ungestimmtem Holz» noch grösser. Aber schliesslich ertönen die Röhrenglocken, die im Hörer eine Assoziation mit dem Klang alter Standuhren erzeugen. Somit wird das Nahen des Endes wiederholt vorbereitet. Nun treten Vibraphon und Xylophon als erweitertes Einzelinstrument auf, und ein Hornsolo erklingt, welches als zyklisches Ereignis an der Erinnerung an die Anfangsmelodie anknüpft. Die letzten Akkorde engagieren alle Spieler zu einem Brennpunkt musikalischer Energie.


Programm–Notiz

Sechs Lieder (1994) für hohe Stimmen

Im Sommer 1994 hörte ich eine bemerkenswerte musikalische Darbietung der Sängerknaben der Luzerner Kantorei. Sie hat meine Komposition von zwölf tonalen a-capella-Liedern inspiriert.

Mit der Wahl von meist traditionellen Gedichten geht auch der tonale Stil dieser Lieder einher. Ich schätze den Reichtum des tonalen Idioms sehr hoch: Die Einfachheit und Klarheit des Klangs vermögen junge Sänger wie auch ein anspruchsvolles Publikum zu bezaubern. Als Komponistin des zwanzigsten Jahrhunderts sehe ich meine tonalen Lieder in der langen Linie einer vielseitigen Volkslied–Tradition.
(...)

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